28 Apr

Verbinde die Punkte mit 4 Strichen ohne abzusetzen! – Kann ich das?

„Das geht nicht!“ oder „Ich weiß im Moment nicht, wie das gehen kann.“ Lesen Sie zwei Beispiele dazu: Entwicklung einer Kreuzung (1) und Anforderungsniveaus an der Gesamtschule (2)

Wir beraten pädagogische Einrichtung dabei sich zu transformieren, Dinge anders machen zu können als bisher. Der Wunsch, eine neue Praxis mit besseren Lösungen zu entwickeln, ist groß!

Aber: Vor neuem Handeln braucht man neue Ideen, denn erfolgversprechende Lösungen der realen Probleme müssen in den Köpfen der Beteiligten heranreifen. Kreatives Denken steht vor transformierendem Handeln. Das Kernproblem sind oft die Denkblockaden bei der Suche nach neuen Lösungen. Eine oder einer hat eine kreative Idee. „Das geht nicht“, sagen die anderen, und erzeugen Stillstand. Was hilft gegen diese Bremse im Kopf?

Unser wohlmeinender Rat: Ersetzen Sie den Satz „das geht nicht“ durch „Wir können uns im Moment nicht vorstellen, wie das gehen kann“. So wird aus dem vorgeblich objektiv unlösbaren Problem eine Frage der Erweiterung der eigenen Kompetenzen, individuell und gruppenbezogen/gesellschaftlich.

Das wirkt, weil kompetenzorientiertes Lernen durch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung auf der Wissensebene zu einer Neubewertung des Handlungskontexts führt. Jeder kennt wohl die Frage: „Kannst Du die neun Punkte der Abbildung oben mit vier geraden Strecken ohne Absetzen verbinden?“ Wer behauptet: „Das geht nicht“, der müsste in einem allgemeingültigen Beweis zeigen, dass es keine Lösung gibt. Wer aber den bisherigen Rahmen seines Denkens sprengt, findet heraus: „Es geht doch“. Viele Einschränkungen des Kontexts sind nicht „objektiv“ vorhanden, sondern Substrat des bisherigen (eingeschränkten) Denkens in der eigenen Vergangenheit.

Dazu zwei Beispiele, eines einfaches (außerhalb des pädagogischen Kontextes) aus der Verkehrspolitik, ein schwierigeres (innerhalb des pädagogischen Kontextes) aus der Gestaltung von Lernsystemen.

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21 Apr

Gibt es aus pädagogischer Sicht einen Ausweg aus der Gewaltspirale?

Es fällt schwer, in diesen Tagen einen Beitrag für Pädagogik der Gegenwart zu schreiben, wenn unsere sorgenvollen Gedanken unaufhörlich in den Osten der Ukraine wandern.

Kann denn die Pädagogik irgendetwas beitragen, das nach einer möglichen Lösung auch nur riecht? Wie ist das denn auf dem Schulhof, wenn der Konflikt – längst eskaliert – von der Pausen-Aufsicht entdeckt wird?

Pädagogik ist die Wissenschaft davon, wie sich menschliche Beziehungen entwicklungsfördernd gestalten lassen. Sie geht davon aus, dass im Grunde genommen jeder, der menschliche Beziehung gestaltet, es aus einer inneren Sinnsicht tut. Jeder macht das, von dem er glaubt, dass es für alle Beteiligten das Beste ist, wenn er so agiert, wie er agiert. Nur die anderen sehen – leider – oft nicht ein, dass das, was dabei herauskommt, wirklich die beste aller Lösungen ist…

Aus dem Handeln lässt sich die Sinnsicht der agierenden Person rekonstruieren. Das ist Pädagogenhandwerk. Die Disziplin des Fachs verlangt, das zu tun, wenn man pädagogisch arbeiten will, bevor man Vorschläge für bessere Lösungen macht. Eine professionelle pädagogische Haltung schließt nicht nur den Schutz des Schwächeren, sondern auch das Nachdenken über die Genese des Verhaltens des Aggressors ein. Ganz zu schweigen von der großen Aufgabe, die „kleinen Bratzen“, die am Rande stehen und wohlmöglich „Haut-se…“ (vom Rest des Spruches schweigen wir mal) schreien, auf ihrem Weg in die Selbsterkenntnis leiten zu dürfen.

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12 Apr

Kinder können das! – Wenn man sie lässt.

Nochmal zum Thema: Willkommensklassen oder Inklusion?

Schon vor einem Monat haben wir – in dem Blogbeitrag „Die nächste Welle kommt. Was tun?“ am 11.3. – die klare Empfehlung gegeben: Wenn eben möglich, Inklusion! Setzt die Flüchtlingskinder aus der Ukraine mit an die Gruppentische der bestehenden Lerngruppen eurer Schule. Vertraut auf die Inklusionskraft der direkten Interaktion der Kinder!

Eine Woche später kam ein Bericht aus einer Grundschule von einem Jungen aus der Ukraine in einer Grundschule in NRW. Die Lehrkräfte haben das Kind – nennen wir es einfach mal Wolodymyr – in eine laufende jahrgangsübergreifende Klasse 1/2 (JüL-Klasse) gesetzt. Seit vier Wochen lernt es dort. Die Lehrkräfte, die die Klasse begleiten, sind begeistert.

Jetzt ist unser Schulentwicklungsberater einigermaßen irritiert. Anlass ist die Debatte, die die taz an diesem Wochenende losgetreten hat. Die bekanntermaßen eher links ausgerichtete Tageszeitung lässt Pädagog*innen (9.4.22, S. 10/11; „Ihr Blick geht nach vorne“) zu Wort kommen, die erklären, wieso es ohne Willkommensklassen nicht geht. Ein Schulleiter eines Gymnasiums konstatiert, dass direkte Inklusion vielleicht in der Grundschule gelingen mag, im Fachunterricht der weiterführenden Schule das dagegen nicht gelingen könne: „Es ist doch eine Illusion, dass Jugendliche ohne Sprachkenntnisse [der Schulleiter meint ‚deutsche Sprachkenntnisse‘] bei Physik oder Geschichte mitkommen“. Die fremdsprachlichen Jugendlichen würden, so seine Befürchtung, wegen fehlender Sprachkenntnis bloßgestellt.

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08 Apr

Zweite Anregung zur Gestaltung der staatlichen Rahmung schulischer Bildung

Metareflektive Komponenten verankern

Vor Landtagswahlen wäre doch wohl der Zeitpunkt, über eine kluge Ausgestaltung der Strukturen des Bildungssystems vertieft nachzudenken. Wer kümmert sich auf allen Ebenen der Bildungslandschaft um das Zusammenwirken der Teile des Systems, wer behält den Überblick über Ziele und Ressourcen?

Unser Vorschlag wäre die Einrichtung einer metareflektiven Komponente auf allen Ebenen, beginnend auf der unterrichtlichen, über die einzelne Schule, das Netzwerk der Schulen einer Kommune…

Wir argumentieren mit HAETTIE: Kern gelingender Bildung ist, so unsere Auffassung, die Selbsttätigkeit der Mitglieder von Lerngruppen, die sich auf gemeinsame Ziele verständigen und sich beim Lernen entlang der Ziele orientieren. Ein auf Dauer angelegtes Lernsystem benötigt eine Komponente, die Zieltransparenz stiftet, Zielklärung ermöglicht, Zielreflexion betreibt und entsprechend Folgeziele definiert. HATTIE identifiziert das Vorhandensein einer solchen metareflektiven Komponente im Unterricht als unterrichtliches Element höchster Lernwirksamkeit. „10 % der Lernzeit, 10% des Lernmaterials, 10 % der Lernressourcen fließen in die Metareflexion des Lernens“ ist eine handliche Kennziffer für gelingendes Lernen in Schulen.

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05 Apr

Anregungen zur Gestaltung der staatlichen Rahmung schulischer Bildung

Unter diesem Titel veröffentlichen wir in den nächsten Tagen und Monaten immer mal Gedanken zum pädagogisch-systemischen Zusammenhang von Pädagogik und Politik

  1. Anregung: Ähnliche Strukturen im Kern und der Peripherie schaffen

Vor den Landtagswahlen schmieden die Parteien der Bundesländer schulpolitische Pläne, so auch in NRW. Wir als Institut lenken einmal unseren systemisch-pädagogischen Blick auf diese Frage:

Wie sollte die staatliche Rahmung von Schule so aufgestellt werden, dass dort Kinder und Jugendliche die Bildung erwerben, die sie für das eigene Leben und für unser Zusammenwirken in der Gesellschaft benötigten?

In unseren Bundesländern teilen sich Landespolitik und Kommunalpolitik die Verantwortung für den Betrieb der Schulen. Sie fassen in der Regel Bildungspolitik als Problem der Einrichtung, des Betriebs und der Beaufsichtigung von Schulen auf. Diese Funktionen werden oft als isoliert betreibbare Felder betrachtet. Pädagogisch gesehen greift aber diese Betrachtung zu kurz. Wir wünschen uns, dass sich staatliches und kommunales Handeln direkt auf die im unterrichtlichen Lernen der Schulen induzierte Bildung richten. Im Schmelztiegel Lerngruppe und in den darin ablaufenden Prozessen wächst die Bildung der beteiligten Menschen – deren Kompetenzen und deren Qualifikationen.

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