13 Aug

Winterhoff: Ein pädagogischer Populist gerät unter Beobachtung

„Wir Medien haben ihn groß gemacht: Michael Winterhoff“, so das Bekenntnis zu Beginn der Dokumentation (s. Bild WDR). Hier von uns ein nachdenklicher Beitrag zu populistischen Bestrebungen in der Pädagogik mit einer Bitte an die Medien: Zeigt mehr journalistische Aufbereitung von pädagogischem Können und hört nicht nur auf die, die am lautesten lärmen!

Wie störend pädagogischer Populismus beim Nachdenken über wirksames schulisches Lernen ist, erfahren wir als Beratungspersonen immer wieder. Davon berichten etliche Beiträge in diesem Blog. Wie kann es kommen, dass solche Menschen so großen Einfluss auf das pädagogische Handeln nehmen? Wir freuen uns über einen selbstkritischen Beitrag in der ARD: „Warum Kinder keine Tyrannen sind“. Es geht um Michael Winterhoff, Kinder- und Jugendpsychiater.

Winterhoff präsentiert sich bei seinen vielfältigen Medienauftritten selbstbewusst: „Meine Aufgabe ist es, unserer Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten“. Er verallgemeinert aus seiner psychologischen Praxis: „Wir haben immer mehr auffällige Kinder. Ja, es ist wirklich so schlimm.“

Was macht das mit Menschen, die in pädagogischen Berufen arbeiten, solche plakativen Aussagen, oft unwidersprochen, in Talkshows zur besten Sendezeit zu hören? Mit gewinnendem Lächeln äußert der kinderpsychiatrische Praktiker plakative Wahrheiten. Knallhart wird die Problematik, dass Verhalten von Kindern und Jugendlichen in familiären oder schulischen Kontexten nicht mit den Erwartungen der Erwachsenen verträglich sind, den Kindern zugeschrieben.

Interessant dazu auch sozialverzogen. Schauen Sie sich diese Stellungnahme doch auch einmal an.

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31 Jul

Vom fliegen lernen

Foto: Julia Anthony

Unser Schulentwicklungsberater hat ein bisschen geträumt: Ferienzeit – Lernzeit?

Unsere Beratungspersonen werden tätig, wenn die Klienten rufen. In der zweiten Julihälfte ist es üblicherweise still. Ferienzeit. Da laufen Bildungseinrichtungen, die wir beraten, auf Sparflamme. Bildungsprozesse auch, oder?

Unsere Beratungsperson sitzt auf dem Balkon: Einfach nur mal in den Garten gucken – wann hat man schon dafür Zeit? Die Blumen auf der Brüstung blühen, die Bäume leuchten grün. Friedliche Stimmung im Blockinnenbereich. Wohnen in der Stadt kann schön sein.

In diesem Jahr gibt es wieder Spatzen. Viele Jahre gab es hier keine, nun sind sie wieder da. Ein Spatz fliegt einen herausstehenden Ast einer Konifere im Nachbargarten an. Der Ast wippt, der Vogel hüpft auf einen kleinen Nachbar-Ast weiter, dreht sich um. Ein Jungvogel flattert herbei. Er landet, etwas ungeschickt, auf dem großen Ast und rückt nahe an den Stamm heran, ihm folgen drei weitere mit heftigem Flügelschlagen. Schließlich bilden die vier Jungvögel eine ordentliche Reihe auf dem Ast, aufmerksam beobachtet vom Elternvogel. Lautes Gezwitscher. Eine kleine Weile bleibt die Szene statisch. Fast kann man sich vorstellen, wie das Elternteil kommentiert: „Gut gemacht, die Landung, ihr Kids!“ Der Elternvogel dreht sich um, spreizt die Flügel und legt einen dynamischen Flugstart hin. Die Jungvögel heben der Reihe nach ab. Nicht ganz so perfekt, mehr Flattern und weniger Eleganz. Aber erfolgreich!

Hier ist offensichtlich eine Flugschule unterwegs.

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17 Jul

Zentralabitur – Risiken und Nebenwirkungen eines Prüfungsformats


Die Kommissionen, die zentrale Aufgaben (z. B. in Mathematik) erstellen, brauchen Feedback durch die Schulen

Nun neigt sich das Schuljahr auch in den Ländern mit späten Ferienterminen dem Ende zu. Da trifft sich traditionell das Kollegium zum Feiern. Auch in diesem Ausnahmejahr werden diejenigen, die in den Ruhestand gehen oder versetzt werden, würdig verabschiedet. Dabei lecken sich die Lehrkräfte ihre Wunden und erörtern die Erfahrungen des gemeinsamen Schaffens. Freunde der Schule, so wie wir als regelmäßige Beratungspersonen, werden dazu gelegentlich eingeladen.

Gesamtschulen, Gymnasien und Berufsschulen erörtern auch in diesem Corona-Ausnahmejahr, wie die Schülerschaft mit den zentralen Prüfungen klargekommen ist. Mathematik ist dabei oft der Aufreger, auch in diesem Jahr.

Ein Kollege beklagt sich: In Mathe hatten mehrere Aufgaben Kontexte, die für die Schüler*innen nicht zu verstehen waren. Sehr problematisch, denn so etwas was kommt in keinem der wichtigen Schulbücher vor. Wenn man als Mathe-Lehrer den Kontext durchdrungen hat, ist die Aufgabe zwar mathematisch wenig anspruchsvoll, aber wie sollen Schüler*innen sie verstehen?

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06 Jul

Vom individuellen Hämmern

Der Individualität gerecht werden

Die Englisch-Fachschaft einer Gesamtschule sitzt zusammen. Die Schulleitung will selbstständiges Arbeiten der Schüler*innen voranbringen. Sie hat ein Entwicklungsprojekt gestartet. Lerngruppen sollen in schriftlicher Form differenzierte Lernangebote erhalten. Ganze Unterrichtsreihen über mehrere Wochen sollen so ausgestaltet werden, dass die Kinder und Jugendlichen selbstverantwortlich navigieren können.

Sicher ist das eine gute Idee: Das Lernangebot der Schule wird schriftlich gefasst. Es wird so designt, dass es für alle Lernende des Jahrgangs taugt. Also muss es, gerade in einer Gesamtschule, vielfaltstauglich sein. Egal, ob hoch- oder tiefbegabt: Jedes Kind aller parallelen Klassen des Jahrgangs soll dort ein Lernangebot finden, das an seine Lernvoraussetzungen andockt. Eltern, Lehrkräfte der Nachbarschule und zum Beispiel die Bürgermeisterin der Stadt, in der die Gesamtschule steht, können nachlesen, wie in Klasse 7 der Gesamtschule gearbeitet wird. Qualität wird sichtbar – fehlende Qualität allerdings auch …

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27 Jun

Soziale Gerechtigkeit im Lockdown –

Keine Glückssache, sondern hat Methode…

Eine Herausforderung für Schulen, ihr Lernverständnis zu überprüfen und zu transformieren.

In der Samstagsausgabe (26./27.6.21) veröffentlicht die taz ein Interview mit dem Andreas Frey, Professor für pädagogische Psychologie in Frankfurt und Oslo. Herr Frey erklärt die Ungerechtigkeiten, die durch Lockdown und Homeschooling entstanden sind. Wir halten seine Einschätzung für sehr hilfreich in der aktuellen Debatte.

Er verweist berechtigt darauf, dass die medial gehypte Benachteiligung ohnehin weniger privilegierter Schüler*innen letztlich eine Aussage über die Gesamtheit der Betroffenen ist – eine Art Durchschnittswert. Damit zentriert er auf die Kernbefunde, die aus Sicht unseres Instituts für die künftige Praxis bedeutsam sind:

Die überwiegende Zahl unserer Schulen hat den Lockdown so umgesetzt, dass die ihnen anvertrauten Kinder weniger gut lernen konnten als in der Schule. Es gibt aber auch Schulen, bei denen dieser Effekt nicht eingetreten ist, ja sogar Beispiele, wo das Lernen unter Distanzbedingungen besser geklappt hat als im Schulhaus.

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18 Jun

Promotions-Aberkennungen und Lebenslauf-Fälschungen

Freigabe zum Abschuss?

Heute denkt unser Schulentwicklungsberater darüber nach, wie undifferenziert Menschen in herausragenden Positionen oftmals abgestraft werden und wie wenig Neigung zu öffentlichem Engagement daraus entstehen könnte. Zudem weckt das sehr persönliche Gedanken bei ihm, über die er ebenso persönlich berichtet.

Frau Baerbocks Lebenslauf-Kritik und Frau Giffays Promotions-Schelte – was sagt die Debatte in der Pädagogik der Gegenwart dazu? Wir alle müssen manchmal Lebensläufe vorlegen, manche von uns haben auch die Hürden einer Promotion überwunden. Welche Wirkung hat die Debatte auf das Vertrauen, das Menschen brauchen, wenn sie gemeinsam aktiv sind?

Unser Schulentwicklungsberater reflektiert diesbezüglich seine eigene Biografie:

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22 Mai

Back to School

Ein Beratungsgespräch zur aktuellen Situation

Jetzt gut aufpassen, was beim Wiederanfang herauskommt (hier werden es Schmetterlinge sein)

Jetzt kehren die Schüler*innen in Deutschland wieder in den Präsenzunterricht zurück. Die meisten Lerngruppen in unserm Land sind seit Monaten auseinandergerissen – weil ihre Schulen den Wechselunterricht unpädagogisch organisiert haben. Nur wenige Schulleiter*innen ahnen, welche pädagogische Herausforderung auf die Schulen zukommt, dieses Problem zu heilen.

Bei unserer Beraterin schellt das Telefon um 7.45 Uhr. Eine Schulleiterin einer Grundschule meldet sich: „Von einem Kollegen habe ich Ihre Rufnummer. Haben Sie ein wenig Zeit für mich? Ich bin ziemlich am Ende und brauche dringend Rat.“ Es geht um die Problematik der Rückkehr in den Präsenzunterricht. Die Schulleiterin fürchtet einen Rückfall der Schule in alte pädagogische Muster. Sie sieht die pädagogische Entwicklungsarbeit der letzten Jahre in Gefahr. „Das Problem brennt tatsächlich, denn nächsten Montag wird es ja wieder Ernst bei Ihnen. Ich richte einen Videochat ein. Bis 9.30 Uhr haben wir Zeit“, sagt die Beraterin.

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12 Mai

Herzlichen Glückwunsch, Schulpreisschulen!

https://www.deutscher-schulpreis.de/aktuelles-wettbewerbsjahr

Schulentwicklung geschieht von innen, braucht aber auch Anregungen!

Mit gespannten Gesichtern saßen am Montag die Abordnungen der Schulen an ihren digitalen Endgeräten, die es in die Endrunde des deutschen Schulpreises geschafft hatten. Auf Distanz, wie es die Pandemie verlangt, doch gefühlt als Team. Eine großartige gemeinsame Leistung!

Im-Corona-Jahr lobt die Akademie des deutschen Schulpreises keinen ersten Preis aus. Das halten wir für eine gute Entwicklung. Eine Schule zur besten Schule Deutschlands zu küren, ist exklusives Denken – so wie jeder Wettbewerb, der ohne Goldmedaille nicht auskommt, exklusiv ist. Einem zeitgemäßen Bildungsbegriff entspricht es nicht, erster sein zu wollen und sich dadurch von allen anderen Mitbewerbenden zu unterscheiden. Einem zeitgemäßen Bildungsbegriff entspricht es, kompetent zu werden und dafür im sozialen Umfeld Bestärkung zu erfahren.

In diesem Jahr lobt die Akademie acht gleichrangige Preise in unterschiedlichen Qualitätsbereichen von Schule aus. Die Preisträgerschulen erbringen in ihrem Bereich besonders beeindruckende Leistungen. Ein Leistungsvergleich der Schulen untereinander erfolgt nicht. Acht Leuchttürme, jeweils in ihrem Bereich. Ein schönes Wettbewerbs-Ergebnis!

Wir freuen uns dabei besonders über den Erfolg einer Schule – ohne zu verraten, um welche es sich dabei handelt. An diesem Erfolg sind wir auch ein bisschen beteiligt. Ein Mitglied unseres Beratungsteams hat die Schule in den Startjahren schulentwicklerisch begleitet.

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28 Apr

Die Klimakrise als Treiber für nachhaltige und partizipative Bildung

Heute freuen wir uns über einen Beitrag von Petra Eckhoff von parto, unserem Partner mit dem schönen Motto: Vom Wollen zum Handeln – Zukünfte in Fluss bringen.

Aber hallo! Was sollten Pädagogen anderes wollen! Und hier erfahren Sie nun endlich von vielen Wegen, sich beim In-Fluss-bringen zu vernetzen, helfen zu lassen und Mitgestalter*innen zu gewinnen!

Beitrag von Petra Eickhoff aus Köln

Die Klimakrise ist für viele Menschen im Globalen Süden bereits jetzt lebensbedrohliche Realität. Gerade die junge Generation wird überall auf dieser Welt die Folgen des Klimawandels umso stärker spüren, je weniger jetzt unternommen wird. Vorausschauendes Denken, Empathie, Kreativität, ein beherzter Umgang mit Herausforderungen – das alles sind Kompetenzen, die Menschen jetzt und in Zukunft benötigen, um in einer Welt zunehmender Unsicherheit, Komplexität und Widersprüchlichkeit bestehen zu können.

Mit Greta Thunberg hat sich seit 2018 die Fridays-for-Future-Bewegung formiert. Sie hat auch mich und viele andere Menschen in meinem Umfeld nachhaltig aufgerüttelt. Gemeinsam in einem Team von Schulbegleiter/innen entwickelten wir den »Open Friday«, um Schulen zu unterstützen, die berechtigten Forderungen der Kinder und Jugendlichen nach einer lebenswerten Zukunft ernst zu nehmen und als Lernfeld für die Schulgemeinschaft zu nutzen. Hier setzt das »¡Change School!«-Konzept an. Unsicherheiten im Umgang mit den drohenden Klima-Umbrüchen, bestehende Nachhaltigkeitsdilemmata und aufeinanderprallende Interessenlagen können dafür sorgen, dass Jugendliche im eigenen Handeln entmutigt anstatt befähigt werden.

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25 Apr

Brief eines frustrierten Beraters an einen Redakteur

Lieber Herr Spiewak! Helfen Sie uns, den Knoten zu lösen!

Seit einem Jahr versuchen wir, die Mitarbeitenden des IfpB, eine Botschaft publik zu machen, wie Hybridunterricht erfolgreicher und entspannter ablaufen kann als wir es an vielen Schulen sehen. Manche solcher Botschaften müssen in die breite Öffentlichkeit, damit sie die Menschen erreichen, für die sie wichtig sind, denn wir glauben, dass diese im Wissen der Botschaft andere pädagogische Entscheidungen treffen würden. Das schaffen wir als Beratungsinstitut nicht. Wir brauchen da Verbündete. Einer unserer Mitarbeitenden wendet sich in einem Schreiben an einen Redakteur der ZEIT:

„Lieber Herr Spiewak,

Sie sind mein Lieblingsredakteur der ZEIT, denn Sie haben sich seinerzeit als Lernender mit der Frage auseinander gesetzt, ob Journalisten nicht nur Missstände zur Sprache bringen, sondern auch über konstruktive Wege zur Überwindung von Missständen berichten sollten.

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