07 Sep.

Und in den Schulen…?

Treffen der Norddeutschen Schulentwicklungsberater

Schule – eine Baustelle?!
(Aufgegebene) Landschule eines französichen 99-Seelen-Dorfes.

Viele Menschen sind als Berater*innen in Schulen tätig. Netzwerkarbeit ist dabei Trumpf. Am 1.9. haben sich, organisiert durch unser Institut, einige Netzwerker*innen des Netzwerkes norddeutscher Schulentwicklungsberater*innen digital getroffen und über ihre Sicht auf die Lage an Schulen nach der Wiederaufnahme des Unterrichts in Lerngruppen mit voller Besetzung ausgetauscht.

Hier ein – subjektiv gefärbtes – kleines Protokoll einer teilnehmenden Person: Das Gespräch befasste sich vor allem mit der aktuellen Situation der Klienten der SEBs, also dem Engagement der Schulen im Hinblick auf die weitere Eigenqualifizierung. Ein Teilnehmer prägt dafür einen neuen Begriff (als Alternative zu Schulentwicklung): positive Schulgestaltung. Sie findet dann und nur dann statt, wenn die Initiative dazu von den Schulen selbst ausgeht. Und das tut sie durchaus in den norddeutschen Bundesländern nach der Corona-Krise. Allerdings erfordert ein solches Aktiv-Werden, dass in den einzelnen Schulen positive Bilder einer künftigen Wirklichkeit der eigenen Institution vorhanden sind, aus der sich gestaltende Aktivitäten ableiten lassen. Stellt sich für uns SEBler also die Frage, was zu tun ist (oder was wir tun können), damit solche Bilder in den Schulen ankommen und da sind. Diese Frage konnten wir leider noch nicht befriedigend klären – sie bietet aber einen Ansatzpunkt für weitere Arbeit im Netzwerk. Dazu einige weiterführende Überlegungen.

Auffällig ist: Die Administration in den unterschiedlichen Bundesländern zieht übereinstimmend aus den Erfahrungen der Corona-Krise den Schluss, dass eine positive Schulentwicklung vor allem mit einer Stärkung der Selbstverantwortung der Schüler*innen beim Lernen einhergehen muss. Dort, wo die Schüler*innen unter Lockdown-Bedingungen von sich aus in der Lage waren, das eigene Lernen als aktiven Prozess zu gestalten (Lernaufgaben zu finden und auszuwählen, daran zu arbeiten, die eigenen Erfolge bei der Bearbeitung zu erkennen und sich darüber zu freuen), sind sie in der Diaspora-Situation nicht verloren gegangen, sondern z.T. sogar gestärkt wieder aufgetaucht. Dieser Effekt ist keinesfalls nur auf das häusliche Umfeld zurückzuführen. Für Gelingen oder Nichtgelingen des Lernens auf Distanz liegt die überwiegende Verantwortung bei den Schulen. Dort, wo Schüler*innen es geschafft haben, die Kontakte mit ihren Mitschüler*innen auch auf Distanz (mediengestützt) aufrecht zu erhalten, ist der Lernprozess nicht zum Stillstand gekommen. Dort, wo Kinder und Jugendliche den Kontakt zu ihren Lehrpersonen gehalten und sich an Feedback-Prozessen beteiligt haben (Schüleri*nnen geben ihren Lehrpersonen Feedback zum eigenen Lernfortschritt, die Lehrperson gibt ihren Schüler*innen Feedback zum Lernerfolg), hat das Lernen auf Distanz zum Teil sogar besser geklappt als in der Präsenzsituation. Es gibt Beispiele, bei denen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf Lernen in der Distanzlernsituation für ihre Verhältnisse sehr erfolgreich bewältigt haben und gestärkt wieder aus dem Lockdown in ihre Schule zurückgekehrt sind. Voraussetzung für solche gelingenden Lernsituationen ist die Verfügbarkeit von beidseitig funktionierenden Kanälen der Kommunikation in den Lerngruppen (Schüler*in – Schüler*in, Schüler*in – Lehrer*in und umgekehrt). Digitale Kommunikationswerkzeuge können diesen Prozess enorm unterstützen – sie haben sicherlich Vorteile gegenüber Telefon und Papiertransport per Post. Doch genauso wichtig ist, dass auch in der Lerngruppe die zeitliche Struktur der Lernprozesses erhalten bleibt: Die Arbeit einer Lerngruppe aus Schüler*innen und Lehrperson findet in einer raum-zeitlichen Struktur statt – Schulen, die in der Lockdown-Situation den Stundenplan aufrecht erhalten haben, haben also die Nase vorn. Die Aufgabe des Stundenplans allerdings, wie vieler Orts geschehen, hat das Lernpotential der Lerngruppe schwer geschädigt.
Doch beide Elemente sind strukturelle Rahmungen des Lernens und damit notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen des Gelingens. Entscheidend erscheint die inhaltliche Gestaltung der Lernprozesse in einer Qualität, so dass die Schüler*innen zu einer autonom-selbstgesteuerten Form der Erarbeitung ihrer Kompetenzziele befähigt werden. Dieser Aspekt schält sich als Kern der Corona-Erfahrung (wieder einmal) heraus und wird die weitere innere Schulentwicklung maßgeblich bestimmen.

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