07 Mai

Schulleitungen – traut euch!

Auch Lehrkräfte wollen gerne lernen

Die Krise offenbart die Haltung der Kollegien: Ist Schule eine Veranstaltung, in der die Lehrpersonen lehren? Oder ist Schule eine Veranstaltung, in der Kinder und Jugendliche sich die Kompetenzen aneignen, die sie brauchen, um ihr Leben und die Zukunft der Gesellschaft zu gestalten? Theoretisch gibt es da keine Widersprüche. In der konkreten Praxis aber sehr wohl! Bei der Verbindung von Präsenzlernen und Distanzlernen in der Krise spitzen sie sich zu. Neue Herausforderungen für alle Beteiligten werden sichtbar.

Mitten auf dem Platz der Freiheit in Tiflis (Georgien) steht der Heilige Georg im Kampf mit dem Drachen, der das Böse symbolisiert. Schulleiter müssen hier und heute keine Jungfrauen vor der Bestie retten, aber Mut und Umsicht brauchen sie jetzt schon in besonderem Maße.

Schulleitungen spüren, dass sie diese Herausforderung an die Menschen im System verteilen. Wer muss sich anpassen? Wer muss seine Handlungsmuster verändern? Die Lehrpersonen? Oder die Lernenden?

Viele Schulleitungen wollen ihr Kollegium in der Krise schonen und die Last des Umlernens auf die Kinder, die Jugendlichen und die Familien abwälzen. „Unsere Kolleg*innen sind gerade jetzt so belastet! Wir können sie jetzt nicht noch zusätzlich mit neuen Lernherausforderungen konfrontieren.“ Aus Sicht der Pädagogik ist das verständliches, aber dennoch falsche Denken.

Nicht die Schulleitung, sondern die aktuelle Krise verlanget rasches professionelles Lernen – auch von Lehrer*innen. Wenn einem das Wasser bis zur Oberkante Unterlippe steht, ist vielleicht nicht der ideale Zeitpunkt, Schwimmen zu lernen – doch wer es auch jetzt nicht lernt, ertrinkt! Die angebliche Schonung der Kolleg*innen durch die Schulleitung ist also de fakto die Vorenthaltung von geordneten Lernmöglichkeiten. Paternalismus ist gutgemeintes autoritäres Handeln! Und zeigt, dass Schulleitungen ihre Mitarbeitenden nicht für lernwillig halten.

Derzeit ist es wohl unklug, Lehrkräfte in schulinterne Fortbildungsmaßnahmen zu zwingen. Aber sie anzubieten bedeutet Kommunikationsräume schaffen, Beratung einholen. Das ist Hilfestellung geben in schwieriger Situation. Schulleitungen, die das – mit dem Argument Lehrer*innen schonen zu wollen – jetzt nicht tun, zeigen, dass sie ihr Kollegium für nicht lernfähig halten. Aber das stimmt nicht. Auch Lehrpersonen sind lernwillig, nicht nur die Schülerinnen und Schüler. Je aktueller und zwingender der Anlass, desto mehr. Das ist doch das Prinzip von guter Schule – oder?  

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