Presse: Der Ton ändert sich…
Danke Lars Laue (NOZ) und Walter Wüllenweber (Stern)
Schule beginnt in Niedersachsen. Der allgemeine Jubel hält sich in Grenzen: Lehrer blicken mit Sorge auf Schulstart (NOZ) und Wo kein WLan ist, ist auch kein Weg (Stern) titelt die Presse.
Zu Beginn der Pandemie gab es das übliche Lehrerbashing in den Medien, in der Krise viel Engagement von Lehrer*innen und etwas differenziertere öffentliche Einschätzungen. Jetzt titelt die NOZ in einem Kommentar von Lars Laue Die Lehrer ernster nehmen und in einem Stern-Artikel dieser Woche (Nr. 35, 20.8.20) taucht nicht wie üblich Lehrer Lämpel als Schuldiger auf, sondern Bildungspolitiker und Behörden, die die digitale Ausstattung der Schulen versemmelt haben.(Digitale Schulen: Warum alle mitreden und nichts gelingt).
Bürokratismus: Das Herumlaborieren an denselben Symptomen dauert nun schon so lange, dass jeder, der mal Schulleitung versucht hat, die Augen gen Himmel rollt. Wer ist zuständig? Die zentrale Frage des deutschen Bildungswesens stellt sich seit Anno Tabak immer wieder gleich und zugleich neu. Nicht: Wie geht gute Schule und wer braucht dafür welche Ressourcen?
Beispiel: Von den vom Bund zur Verfügung gestellten Milliarden für Digitalisierung sind bisher nur 0,9 % geflossen. Die Gelder aus dem Digitalpakt Schule des Bundes aus dem Mai 2019 sind zum größten Teil noch nicht einmal verplant, geschweige denn in den Schulen angekommen, in Niedersachsen sind es nur 8,5 %.
Ineffizientes Bildungssystem ist auch in Bezug auf andere Abläufe nicht übertrieben. Weil aber diese Zusammenhänge komplex sind, gibt es eher eine populistische Tendenz, den Esel zu meinen, aber den Sack zu schlagen. Womit wir wieder bei den besagten Säcken wären…
Komplex wahrhaftig ist das Bedingungs-, Entscheidungs- Durchführungsgefüge in unserem Bildungssystem. Die Schulträger (etwa 700) sind verantwortlich für die sächliche Ausstattung der Schulen, die Kultusbürokratien (16) für die übrige Ausstattung mit Lehrer*innen, Inhalten, Konzepten. Die Kultusministerien der Länder sind nicht weisungsbefugt gegenüber den Trägern, auch schon zur Kreidezeit konnte es ungemein lästig für die Schulen sein, zwischen die Stühle von Kommune und Land zu geraten. Der Hausmeister gehört zur sächlichen Ausstattung der Schule (tatsächlich!), die IT-Fachkraft? Durch die Anforderungen der Digitalisierung ist das Problem noch einmal verschärft worden, Kleinkrauterei rächt sich in diesem Bereich besonders durch Folgekosten und Inkompatibilität.
Da ist es schon mal ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die Presse anfängt, die Dinge differenzierter darzustellen als nur die übliche Lehrerschelte abzubeten. Das ist schon allein hilfreich für die Kollegien, die sich gerade ordentlich abstrampeln und es grundständig Leid sind, immer wieder als die üblichen Verdächtigen dazustehen.
Und die Schulleitungen? Sitzen erst recht zwischen allen Stühlen. So manchen sehen wir mit den Augen rollen, wenn er nun in der Zeitung liest, er könne sich mit Fragen und Problemen an die Landesschulbehörde und die Arbeitsmediziner wenden.
Was kann man den Schulen raten? Autonom handeln in einer unautonomen Umgebung! Mit Herz und Verstand! Wir sind der Meinung, dass die einzelnen Kollegien in Zusammenarbeit mit ihren zur Selbstständigkeit erzogenen Schüler*innen in diesen Zeiten eine Menge erreichen können. Viele Schulen haben das bereits vorgemacht. Selbstverantwortung auf allen Seiten ist Trumpf! Und die Hausaufgaben sind nicht nur in den Schulen zu machen, es gibt auch jede Menge Nachholbedarf auf den vorderen und hinteren Bänken von Politik und Verwaltung.
Wenigstens gibt es die ersten Pressevertreter, die die systemischen Probleme sehen und solche, die raten, den Betroffenen doch mal zuzuhören. Danke dafür und guten Anfang in Niedersachsen!