Nachhaltige Bildung und Schule als Transformationseinrichtung

„Non scholae, sed vitae discimus“ – nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Vor 2000 Jahren beklagte sich der römische Schriftsteller und Philosoph Seneca darüber, dass Erziehung in der Schule kaum dazu geeignet sei, die jungen Menschen auf das richtige Leben mit all seinen realen Problemen vorzubereiten. In jüngerer Vergangenheit, im Januar 2015 twitterte eine 17-jährige Schülerin aus Köln „Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen“ (Schülerin prangert Schulsystem an: Allgemeinbildung? Fehlanzeige! „Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse. In 4 Sprachen“ – FOCUS Online).

Hier wird deutlich: Bildung ist mehr als Wissenserwerb. Wir als Institut sind der Meinung, dass Bildung darauf zielt, auf der Basis von Wissen und Weltwahrnehmung handeln zu können. Bildung ist in unserem Verständnis die Auseinandersetzung mit den Problemen der Wirklichkeit in der Absicht sich fit zu machen für die Lösung der gesellschaftlichen Probleme. Bildung zielt stets auf die Entwicklung individueller Kompetenzen zur Lösung von Problemen und auf die Kompetenzen, die gesellschaftlichen Strukturen dafür zu schaffen, dass alle Menschen die sich der Menschheit stellenden Probleme erfolgreich bewältigen können.

Der traditionellen Schule gelingt es nur unzureichend, in diesem Sinne Bildung zu vermitteln. Zwar gibt es inzwischen kluge Curricula, in denen das erwünschte Können der Schüler*innen beschrieben wird. Doch dabei, den Aufbau des Könnens mit dem in die umgebende Kultur eingelagerten Leben der zu bildenden Menschen zu verknüpfen, besteht erheblicher Entwicklungsbedarf. Und dieses Vorbereiten auf „reale Probleme“ beginnt im Kleinen, beim Individuum. Es sollte so weit in seiner Urteils- und Geschäftsfähigkeit gestärkt werden, dass es zum Beispiel Mietverträge beurteilen und Verträge richtig abschließen können sollte. Weitergeführt betreffen die Wirklichkeitsprobleme und Herausforderungen aber auch die Gesellschaft als Ganze.

Eine der großen Herausforderungen von heute – und von morgen – ist die Klimakrise und wie Schulen die zu bildenden Menschen in ihrem Handeln darauf vorbereiten können. Die sich aus der Nachhaltigkeitskrise der Menschheit und dem Klimawandel ergebenden Notwendigkeiten für vielfältige Transformationen sind ein ideales Feld, den fehlenden Realitätsbezug schulischer Bildungsangebote zu überwinden und die Handlungsmotivation junger Menschen einzubinden. Wir als Institut kooperieren hier in einem Verbund von Akteuren der derzeitigen Nachhaltigkeitsdebatte (Friday for future, Wuppertal-Institut u.a.) in einem von einem Kölner Institut für Partizipation und Organisationsentwicklung (www.part-o.de) koordinierten Projekt: Change School Summit. Im Rahmen eines im vergangenen Herbst zum ersten Mal durchgeführten Kongresses von fünfzehn Schulen (vertreten jeweils durch eine Gruppe aus Lehrkräften, Eltern und Schüler*nnen) haben wir an der Frage gearbeitet, wie sich die einzelne Schule als Subjekt des Handelns in der Nachhaltigkeitskrise aufstellen kann.

Die Konzeption und die Arbeitsweise des Change School Summit ist in einem schön gestalteten Buch dokumentiert: P.Eickhoff/ S. Geffers/ H. Göhler/ R. Kopp/ M. Wildt: Schulen handeln in der Klimakrise – Change School Guidebook: Leitfaden für transformative Bildung (mehr Informationen).

Haben Sie Interesse sich mit Ihrer Schule zu beteiligen? Ein Change School Summit findet auch diesen Herbst wieder statt, vom 30.9. bis 1.10.2021 in Dortmund. Weitere Veranstaltungen des Typs sind geplant und sollen in anderen Regionen stattfinden. Weitere Informationen finden Sie hier.