Alpha 1 antwortet doch!
Am 3.6. haben wir gebloggt: Alpha 1 antwortet nicht. Bis dahin war auf unsere Anfragen an die Schulministerien aller Bundesländer (23.5. Nachgefragt) nach den Bewertungskriterien für Modelle der Kombination von Präsenz-und Distanzlernen noch keine Antwort gekommen. Ein Bundesland hat inzwischen geantwortet! Wir freuen uns: Herzlichen Dank nach Niedersachsen.
Niedersachsen stimmt zu: Nach dem Grundsatz, dass die Restriktionen wegen der Pandemie grundsätzlich einzuhalten sind, ist es nach wie vor die Aufgabe der Schule, auch unter diesen besonderen Bedingungen Lernen voranzubringen: „Die Erweiterung von Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler ist immer Ziel von Schule. Dies ändert sich auch durch den eingeschränkten Schulbetrieb und das Lernen bzw. Arbeiten zu Hause nicht“.
Auch die Bedeutung der Stabilisierung der Lerngruppe wird in Niedersachsen betont: „Die Stabilisierung der Sozialbeziehungen innerhalb der Lerngruppe sowie zwischen den Lernenden und den Lehrkräften hat einen nachhaltigen Effekt auf verschiedene Aspekte von Schule. Daher sind die Lehrkräfte in Niedersachsen dazu verpflichtet, für ihre Schülerinnen und Schüler tägliche Sprechstunden anzubieten, in denen fachliche und soziale Themen behandelt werden können und die Schülerinnen und Schüler die Beratung erhalten, die sie für die persönliche Weiterentwicklung benötigen.“ Aus unserer Sicht fehlt hier eigentlich nur das klare Bekenntnis zur Stärkung der Kooperation auch zwischen den Lernenden im Sinne des schülerzentrierten Lernens (vgl. Blog vom 9.5. Stunde der Wahrheit) als Herausforderung des Handelns der Lehrkräfte auch beim Distanzlernen.
Auch hinsichtlich der Fragen nach dem von den in Distanz lernenden Kindern und Jugendlichen benötigten Feedback betont Niedersachsen die Tätigkeit der Lehrperson: „Die Rückmeldung der Lehrkräfte an ihre Schülerinnen und Schüler ist ein wesentlicher Teil der Kompetenzentwicklung. Insofern sind die Lehrkräfte gehalten, den Schülerinnen und Schülern auch über die zu Hause erbrachten Leistungen Rückmeldungen zu geben“. Entsprechendes gilt auch für den Umgang mit der Problematik, dass sich die Familien beim Home-Office und Home-Schooling selbst organisieren müssen: „… Insofern ist es pädagogische Aufgabe der Lehrkräfte, ihre Schülerinnen und Schüler individuell zu betrachten, zu fördern und ihnen die Unterstützung zukommen zu lassen, die jede Einzelne bzw. jeder Einzelne benötigt.“
Wir schlussfolgern aus den genannten Anforderungen, dass der Stundenplan – als Mittel des Raum-Zeit-Organisationsrahmens des Lernens schulischer Lerngruppen (indem innerhalb der Lerngruppe und mit ihrer jeweiligen Lehrkraft verknüpft wird) –diese Grundsätze so gut wie möglich abbilden muss. Bei dieser Forderung geht Niedersachsen nur teilweise mit: „Die Erstellung eines Stundenplans ist komplex und muss den pädagogischen Anforderungen der Schule genügen. Derzeit muss dieser Plan auch den personellen und räumlichen Ressourcen angepasst werden und eine ausreichende Flexibilität haben, um auf neue Entwicklungen reagieren zu können.“ Wir halten das für ein achtsames Umgehen der Aufsicht mit ihren Schulen. Allerdings passt dazu nicht, dass in Niedersachsen z.B. die Gesamtschulen dazu verpflichtet worden sind, geteilte Lerngruppen an verschiedenen Tagen in die Schule kommen zu lassen und zu Hause zu beschulen.
Fazit: Danke an das Land Niedersachsen für die Stellungnahme! Es wird deutlich, dass das Bundesland hohe Erwartungen daran hat, schulische Probleme durch Lehrerengagement zu lösen. Das Problem dabei ist, dass das die Lehrkräfte sehr belastet. Organisationsmodelle auf der Grundlage reformpädagogischer Überlegungen geraten dabei ins Hintertreffen: Lerngruppen lernen erfolgreich, weil ihre Dynamik untereinander von Lehrpersonen angespielt, geweckt und unterstützt wird. Mehr Schüler-Lernen, weniger Lehrer-Lehren! Schülerzentrierung als pädagogisches Gestaltungsprinzip – das ist das, was deutsche Schulen (nicht nur in der Krise) brauchen!